Brasilien – Von Gegensätzen und Gerechtigkeit

Brasilien ist das vermutlich bunteste Gemisch von Völkern auf dieser Erde, und im Grunde genommen ist die brasilianische Art zu leben vom Grundsatz “leben und leben lassen” geprägt, es gibt aber drei Achsen des sozialen Zündstoffs, die tief verankert sind und deren selbstverständliche Pflege uns Deutsche, mit unserer zweifelhaften Vergangenheit, etwas erschreckt. Einmal der Gegensatz zwischen Arm und Reich, zum Anderen die Spannungen zwischen hell- und dunkelhäutig und eigentlich auch noch die Missachtung der Nordestinos (also der Nordbrasilianer) durch die Menschen weiter im Süden. Diese drei Achsen lassen sich leicht zu einer zusammenführen: Der Reiche Weiße im Süden verachtet den […]

Brasiliens große Heilige

Für einen katholisch geprägten Bayern ist eins nicht so besonders: nämlich die Verehrung von Maria. Brasilien geht da nur noch einen Schritt weiter ins (für deutsche Augen) Kitschige. keine Kirche, in der nicht himmelblaue Airbrushbilder oder effektvoll beleuchtete oder quitschbunte Madonnen stehen würden. Überhaupt gibt es viele Marienkirchen. Die heißen dann eben nicht “Unsere liebe Frau zu …” sondern “Nossa Senhora de …” Auch das “Nossa, nossa” zum Beginn des brasilianischen Anmach-Hits “Ai se eu te pego” von Michel Teló ist von einem marianischen Spruch geprägt: Der brasilianische Aufschrei “Nossa!” heißt nämlich eigentlich “Nossa Senhora!” und bedeutet nichts anderes als […]

Besuch bei Iara im Hinterland von Paraíba

Der tiefere Grund fuer unsere Fahrt ins Sertão (1) war ein Besuch bei Iara. Sie ist ein Mensch voller Energie. Sie spricht laut, viel und schnell. Wenn man sie nicht versteht, wird sie lauter, aber nicht unbedingt langsamer. Ihr Gang ist leicht gebeugt, die Arme weit offen, damit sie jederzeit möglichst viele Menschen schnell in die Arme schließen kann. Ihre Ohrläppchen hängen etwas, sie trägt wohl gerne große Ohrringe. Sie ist eine überzeugte und überzeugende, gebildete Pädagogin, die mit ihrem Vor-Leben der Prinzipien über mehrere Jahre den Kindergarten des Centro Sócio geprägt hat. Ihr Laster, das Rauchen, hat ihre Stimme […]

Das Briso do mar – Projekt

Neben den Projekten für Bildung und Betreuung hat Padre Sabino sich immer mit den Menschen zusammengesetzt, um gemeinsam an ihren Problemen zu arbeiten. Ein Ergebnis davon war das Projekt Briso do mar. Es ging darum vernünftigen Wohnraum zu schaffen, um einen kleinen Teil des Viertels, der nur mit Brett-, Papier- und Blechverschlägen bebaut war, vernünftig unterzubringen. Das Centro erwarb den Grund, der in einer Art Erbbaurecht den Bewohnern zugänglich gemacht wurde. Das Ergebnis war ein Straßenzug mit vernünftigen zweistöckigen Häusern für einige Familien. Von diesem Projekt sprechen manche hauptamtliche des Centro nicht so gern, denn es hat Sabino so viel […]

Des glaab i jetz ned – Ein Ausflug zu Padre Luiz Paulo

Abendmesse: Padre Luiz Paulo, der momentan letzte Kaplan von Padre Robérios großer Pfarrei feiert seine Abschiedsmesse. Er bekommt nun eine eigene Pfarrei in der Erzdiözese. Robério gibt ein paar seiner zahlreichen Aufgaben ab und leitet die Pfarrei nun alleine – natürlich weiterhin mit all seinen excellenten Mitarbeitern. Eine kleine Ministrantin weint bitterlich, die Menge ist ergriffen. Luiz Paulo war hier weitgehend für die Jugendarbeit zuständig. 3 Tage später: Mit der obligatorischen halben Stunde Verspätung setzen sich drei Busse in Richtung Luiz Paulos neuer Wirkungsstätte in Bewegung, wo er heute seine erste Messe feiern wird. Für viele hier, die selten aus […]

Kunsthandwerksförderung

Nah bei den Häusern des „Briso do mar“ – Projekts war bald nach dem Bau auf einem freien Platz wieder eine Kleine Ansiedlung mit Bretterbuden entstanden. Um diese Menschen hat sich die Stadt gekümmert und sie anderswo vernünftig angesiedelt. Nun gibt es schon seit vielen Jahren die Idee dort Kunsthandwerk anzusiedeln. Die Pläne sind wenig konkret, weil (schon wieder mal) durch Versäumnisse der Stadtverwaltung das Ganze auf Eis liegt. Die Idee ist, dass hier handwerkliche Berufe erlernt und ausgeführt werden können, und dass man den touristischen Sektor so mit hochwertigen Erzeugnissen der Kleinhandwerker bedienen kann. Das wäre ein weiteres Mal […]

Ein Spaziergang durch Mãe Luiza

Einen solchen Spaziergang sollte man nicht alleine und ohne Führung machen, bei Nacht schon gleich gar nicht, aber Charme hat das Viertel schon, trotz all seiner Probleme. Die Fläche von ML entspricht etwa der Penzberg-Steigenbergs, die Einwohnerzahl liegt bei etwa 14.000. In den letzten 5 Jahren ist die Einwohnerzahl um etwa 4.000 gesunken. Das ist eigentlich insgesamt ein ganz gutes Zeichen, denn es ziehen zwar junge (Groß-)Familien weg, aber es ziehen auch Familien her, die haben allerdings dann nur noch zwei Kinder und wohnen auf der gleichen Fläche. Das heißt einmal, dass der Kreislauf von Großfamilie = Armut durchbrochen scheint […]

Was ist das „Espaço Solidário“?

Das Espaço Solidário (also der “Ort des einander Beistehens”), ist ein Seniorenheim, aber nicht irgendeines, sondern eines, dessen Konzept sich weit über die Grenzen Natals hinaus einen Namen gemacht hat. Der Geist Padre Sabinos ist hier immer wieder zu spüren, und es ist ein Ort des Lebens, im Gegensatz zu manch anderen Heimen, wo man sich des Eindrucks nicht ganz erwehren kann, dass sie Orte des Wartens auf das Ableben sind. Es wohnen hier 24 alte Menschen, weitere 24 Menschen sind Tagesgäste, d.h. sie schlafen zu Hause, aber sie würden tagsüber bei ihren Angehörigen nur rumsitzen oder -liegen und keiner […]

Was ist das „Casa Crescer“?

Es ist eine Ergänzungsschule. Wenn es bei uns oft als “Förderschule” bezeichnet wird, so ist das in der Sache auch richtig, weckt aber einen falschen Eindruck. Gefördert wird hier natürlich schon, aber es sind nicht in erster Linie Kinder hier, die eine größere Beeinträchtigung haben. Das Schulsystem in Brasilien ist übel. Die staatlichen Schulen funktionieren hinten und vorne nicht. Es gibt zwar theoretisch eine Schulpflicht, aber nicht wenige verlassen die Schule auf Zweitklassniveau. Das fällt unter anderem dann auf, wenn eine Verkäuferin nicht ohne Taschenrechner herausfindet, wie viel sie herausgeben muss, wenn das T-Shirt 16 Reais kostet und man mit […]

Was ist das „Espaco Livre“?

Im Grunde ist es ein Kindergarten. In Brasilien gehört die grundlegende Alphabetisierung schon zu diesen 3 (Pflicht-) Jahren dazu. Zur Zeit werden dort 190 Kinder betreut. die Hälfte am Vormittag, die andere Hälfte am Nachmittag. Da es sich beim Kindergarten eigentlich um eine kommunale Aufgabe handelt, kommt hier auch Unterstützung von der Stadt Natal, das bringt aber wieder Probleme mit sich, weil die Stadt nicht immer regelmäßig zahlt und dafür einen Wust an Verwaltungsarbeit verlangt, der dann wieder für die Betreuung vor Ort fehlt. Im Espaco Livre, also dem “Ort zur freien Entfaltung”, ist nun eine Generation von Mãe-Luizianern durch. […]