Brasilientag – Wie ist die Lage im Centro Sócio im Corona-Herbst?

Corona-Betrieb im Casa Crescer

Corona hat uns zwar einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber der Brasilientag hat stattgefunden. Auch in Mãe Luiza lässt man sich nicht unterkriegen.

Umarmstation im Altenheim
So geht Nähe in Corona-Zeiten: Die Umarmungsstation im Espaço Solidário ist auch ein Teil der Schmerztherapie.

Nein, normal war in diesem Jahr nichts – auch nicht am Brasilientag. Wo man sich sonst ganz brasilianisch umarmte, war Abstand und Hygiene gefragt. Anstatt eines Chores und einer Band sang Gerhard einsam auf der Empore sehnuchtsvoll brasilianische Lieder. Wo sonst ein Solidaritätsessen stattfand, wurden – den Hygienevorschriften entsprechend – kleine Plätzchentüten verteilt. Den Vortrag über die aktuelle Lage in Mãe Luiza gab es im Seuchen-Abstand in der kalten Kirche anstatt im heimeligen Pfarrsaal. Als wir gerade in die zweite Corona-Welle hineinstolperten, war in Brasilien die erste Welle gar nie richtig zu Ende. Das hat viele Gründe, einer ist sicher auch Bolsonaros Komplett-Versagen, was das Kriesenmanagement betrifft. Dennoch steht der Bundesstaat Rio Grande do Norte einigermaßen gut da, was an der verhältnismäßig geringen Bevölkerungsdichte liegen dürfte. Auch Mãe Luiza ist kein Hotspot. Das könnte damit zu tun haben, dass das Viertel für ein Armenviertel verhältnismäßig weitläufig gebaut ist und es liegt sicher auch an der guten Arbeit des Centro Sócio, das von Anfang an bei der Bevölkerung auf Aufklärung und Warnung gesetzt hat. Nach der großen und langen Schockstarre, wagt man wieder zaghafte Schritte in Richtung Normalität, aber längst ist nichts wie vorher.

Werbung für die Online-Messe
„Morgen Übertragung der Heiligen Messe via Facebook und Instagram von Padre Robério“

Die erste Messe, zu der die Gläubigen kommen konnten fand erst am letzten Oktober-Wochenende statt. Bis dahin wurden Gottesdienste nur per Video übertragen.

Im Altenheim war man besonders vorsichtig. Die Tagesgäste durften nicht mehr kommen, auch die Kindergruppen aus Casa Crescer oder Espaco Livre mussten draußen bleiben. Selbst die Praktikanten der Physiotherapie aus dem Krankenhaus durften das Espaco Solidario nicht mehr betreten. Stattdessen versuchten die Angestellten für und mit den Bewohnern den Alltag aufregend zu gestalten: Ballspiele statt Physiotherapie, gemeinsames Kochen, Post für die schmerzlich vermisste Familie und Videobotschaften nach draußen. Auch brasilianische Senioren können noch Skypen lernen.

Bewohnerin des Altenheims beim Skypen
Auch die Trennung von den Angehörigen im Seniorenheim lässt sich ansatzweise überbrücken.

Der Kindergarten war bis Ende Oktober geschlossen. Die Erzieherinnen schrieben in dieser Zeit Briefe an ihre Kinder, die dankbar angenommen wurden.
Zum Tag der Kinder am 12. Oktober bastelten sie Tüten und füllten sie mit Süßigkeiten – ein bisschen Freude in dieser schwierigen Zeit.
Ab Ende Oktober durften wenigstens wieder die Vorschulkinder kommen. In Brasilien müssen die Kinder schon die Buchstaben und Zahlen kennen bevor sie in die Schule gehen. Die Vermittlung ist Aufgabe des Kindergartens im letzten Jahr. Deshalb war es so wichtig, dass die Vorschulkinder wenigstens noch für 3 Monate unterrichtet wurden.

Im Casa Crescer (Ergänzungsschule) ging zum Tag der Kinder ein Aufruf an alle: “Es ist Zeit, die Wehmut zu besiegen und die Hoffnung in ein Morgen zu wecken!“
Jetzt nahm auch das Casa Crescer seine Arbeit wieder auf: In kleinsten Gruppen durften Schüler wieder kommen. Von Montag bis Donnerstag werden sie in ihren größten Problemem gefördert, der Freitag gehört dem Capoeira und dem Flötenspiel.

Distanzunterricht auf brasilianisch: Die Lehrkräfte kommunizierten durch Briefe mit ihren Schützlingen.

Auch hier hatten die Lehrkräfte Briefe an ihre SchülerInnen geschrieben. Diese Kinder und Jugendlichen sollten so wissen, dass die LehrerInnen an sie dachten. Die Beantwortung war eine gute Schreibübung, außerdem ist es die einzige Möglichkeit von „Distanzunterricht“, der in einem Armenviertel funktioniert.

Auch die Musikschule konnte unter Wahrung aller Vorsichtsmaßnahmen wieder mit Übungsstunden beginnen – sehr zur Freude aller Jugendlichen, die das Zusammenkommen und zusammen Üben besonders vermisst hatten.

Erste Übungen nach Corona in der Musikschule
Übungsstunde unter Corona-Bedingungen


Sie wurden noch zusätzlich von einer Förderung des Staates Rio Grande do Norte überrascht, der für die Pflege der traditionellen Musik eine Geldprämie ausgelobt hatte. 5.000 Reais (z.Zt. ca. 850 €) bekam die Musikschule von Mae Luiza für ihre hervorragende Arbeit. Die Gruppe hatte in der Stadt Natal bereits zahlreiche Auftritte.

Bericht Gelbes Blatt zur Situation in Mã Luiza (608 kB)

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