Ein bayerisch – brasilianischer Festabend

Feiern und sich des Lebens freuen, ja das können die Brasilianer. Dieses immer einen Weg finden und die Zuversicht nie aufgeben, das könnte für uns durchschnittliche Deutsche durchaus ein Vorbild sein. Aber auch in Bayern lässt es sich feiern, deshalb gab es ein Fest zu Ehren unserer 25-jährigen Partnerschaft; gewissermaßen die Silberhochzeit.

Bild vom Buffet in der Turnhalle des Casa Crescer
Erster Höhepunkt des Abends: Das bayerische Essensbuffet

Dazu wurde die Turnhalle des Casa Crescer liebevoll mit den Devotionalien der vergangenen 25 Jahre geschmückt, alle etwa 60 Angestellten des Centro eingeladen und aufgekocht.
Das Aufkochen war unsere bayerische Angelegenheit. Wir hatten schon von zu Hause einige Zutaten mitgebracht und mit einer Mischung aus bayerischen und brasilianischen Speisen gerechnet. Nun wurde uns klar, dass für Getränke und Obst gesorgt war, unsere Freunde aber ansonsten mit kompletter bayerischer Verpflegung rechneten. Schnell musste der Speiseplan erweitert werden. Es gab ca. 60 Rouladen. Das Fleisch war kein Problem, wir hatten aber Bedenken, ob es mit den bei solchen Festen üblichen Plastikmessern zu schneiden sein würde – war es. Die Füllung war da schon komplizierter, weil wir keinen geeigneten Speck auftrieben. Auch die riesige Menge war ungewohnt, klappte aber.
Die Semmelknödel klappten auch, nur dass man üblicherweise in Brasilien nur leicht gezuckertes zopfartiges Brot / Semmeln kriegt. Das ergibt einen etwas sonderbaren Grundgeschmack, außerdem haben wir weder Majoran noch Petersilie aufgetrieben.
Der Kaiserschmarrn war kein Problem, das Apfelmus dazu hatten wir im Tetrapack aus Deutschland mitgenommen.
Um die Essensmenge zu erhöhen hatten wir den Speiseplan noch kurzfristig um Nudelsalat und Wurstsalat erweitert, nur dass keine lyoner-ähnliche Wurst aufzutreiben war. Zur vertrauten Grundfüllung des Magens kam noch Reis dazu.
Somit war die Mischung nur teilweise bayerisch, aber den Gästen hat es geschmeckt – nur den Knödeln näherte man sich leicht skeptisch.

Bild von einem Feuerspeier bei der Capoeira-Show
Zweiter Höhepunkt: Die rasante Capoeira-Show

Neben ein paar Reden gab es regionaltypische Forró-Live-Musik (1), eine musikalische Einlage einiger Casa-Crescer-Kinder und als Höhepunkt eine atemberaubende Capoeira-Vorführung (2). Das lässt sich schwer beschreiben, man muss es fast gesehen haben. Akrobatische Sprünge und Überschläge, rhythmusdominierte Musik, dazu Macheten, Stöcke und Feuer, alles rasant und kraftvoll.
Nach diesem Auftritt hatten wir uns entschlossen auf unsere bayerische Tanzeinlage an diesem Abend zu verzichten. Dank unserer Lehrer wäre das zwar auch nett gewesen, aber im Vergleich ziemlich lätschert.

Die Realität draußen im Viertel ließ sich dadurch leider nicht aufhalten. Während wir in der Turnhalle feierten, gab es in nicht allzu großer Entfernung neben der Kirche eine Schießerei im Jugendbandenmilieu. Zwei Jugendliche wurden an Bauch bzw. Kopf getroffen. Den mäßigen Blutspuren nach habe ich Hoffnung, dass beide überlebt haben, gehört haben wir nichts mehr davon. Wenigstens war dies der einzige Gewaltakt, von dem wir in den drei Wochen erfahren haben.


 

(1) Forró ist quasi der Samba der Nordestinos. Es besteht enge Verwandtschaft zur Polka und auch Ähnlichkeit mit Sinti- und Roma-Musik. Als Instrumente dominieren Trommel, Triangel und Ziehharmonika.
 (2) Capoeira ist ein in der Regel berührungsloser Kampftanz, der in erster Linie von den afrikanischen Sklaven mitgebracht und weiterentwickelt wurde – wohl auch, um sich gegen ihre Peiniger wehren zu können.

 

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