18. Juli – „Eine Reise zu Gott“ – und eine zur Verlobung

 

Zucker rieselt in eine Tasse
Brasilien ist der weltgrößte Zuckerproduzent – beim Verbrauch dürfte es auch recht weit vorne liegen …
© günther gumhold / pixelio.deMorgens

Wir werden mit einem leckeren Frühstück erwartet. Kaffee, der aus mehr Zucker als Wasser besteht (übliche Zubereitungsform in Brasilien…), aber auch normaler Kaffee, warmes „pão parisiense“ (sprich: Baguette), Salami, Mortadella, Schinken und Geleia (Marmelade). Heute sollen wir abends an der Verlobungsfeier der Tochter teilnehmen – gestern wurden wir schon darauf aufmerksam gemacht, aber heute früh ist es nochmal großes Thema. Wir – fünf Gäste, die bis gestern abends unbekannt waren – sind mit 10 anderen Familienangehörigen auf so ein privates Fest eingeladen. Irgendwie glaube ich immer noch, dass ich etwas falsch übersetzt habe…

Vor der Kirche treffen wir auf die anderen unserer Reisegruppe. Jeder hat richtig Glück mit seinen Gasteltern. Hätte man auch Pech haben können?

Vormittag

Heute steht eine „Reise zu Gott“ mit irischen und brasilianischen Jugendlichen auf dem Programm – Teil der Missionarischen Woche, die „Glaube – Gemeinschaft – Solidarität“ als Thema hat.

Im nahen Jugendzentrum der Kirche legt Messias (Ja, in Brasilien kann man so heißen) ein Glaubensbekenntnis ab. Er erzählt, wie er sein Leben mit Gott gelebt hat, sich von Gott abgewendet hat und wieder zu Gott zurück gekehrt ist. – Das klingt jetzt sehr platt, war aber auch nicht wirklich eindrücklich…

Die Reise zu Gott besteht aus Gebeten, Liedern, einer Lesung aus der Bibel, Texten über Jesus und immer wieder Gruppenarbeit mit Vorstellung der Ergebnisse im Plenum. Da ziemlich viel „abgehakt“ werden sollte, hatten wir in der Gruppe eigentlich nicht genug Zeit, um wirklich tiefere Gespräche zu führen.

Der Nachmittag zog sich dann mit einigen Längen, die aufgrund der Übersetzung durch den irischen Priester eher zu Tiefen wurden. So ein Glück, dass die Brasilianer dabei waren, die mit einem Lied der indigenen Ureinwohner die ganze Runde aufheiterten.

Der bestimmt sehr ehrwürdige Text:

“Oh epo eai ea eh, oh epo esi ea eh, oh epo eaia ea epo. E tuki tuki epo, e tuki tuki eh!”

Für deutsche Spaßbremsen: Natürlich kann man sich nichts drunter vorstellen, man muss es erlebt haben, dann ist es aber richtig lustig. Hände zum Kopf, gekreuzt vor der Brust, schnippen, Hände an den Kopf,… – wahrscheinlich gibt es demnächst Kurse in Penzberg!?!

Abends

Kreuzdenkmal
© Bildpixel / pixelio.de

Nach einem langatmig bis nervigen Abschlussvortrag unseres mittlerweile schon in Fahrt gekommenen Iren ist Abschlussanbetung in der Kirche angedacht.  Aber bis dahin ist es noch eine ganze Stunde. Bereits im Laufe des Tages wurde uns immer dringender bewusst, dass wir schon gefühlt wochenlang in Brasilien sind UND NOCH KEINEN EINZIGEN Caipi getrunken haben!

Das sollte sich auf dem Weg zur Kirche ändern. Doch so leicht, wie wir uns das vorgestellt hatten, war das nicht!!! Wir wurden von unseren Gasteltern / Gemeindemitgliedern begleitet, die sichtlich erstaunt darüber waren, dass wir eine Bar aufsuchen wollten! Sie versuchten alle Überredungskünste anzuwenden, um uns davon abzuhalten. Mit einem gekonnten Schachzug schüttelten wir einen Großteil unserer Begleiter ab. Blieb nur noch eine freundliche aber ziemlich besorgte Frau. Sie holte, als sie uns in der Bar mit Caipi wusste, von Zuhause Verstärkung: Ihr Sohn und ein Freund, später ein anderer Sohn kamen und gesellten sich zu uns. Allein durften wir hier nicht sein.

Beseelt gehen wir zur Messe, die schon ohne uns angefangen hat. Es geht um den Samen, den wir sähen sollen – was wir dann auch in Form eines Sonnenblumenkerns in einen Blumentopf tun. Am Ende der Adoraçao (Anbetung) bekommt jeder einen Ring, der die Verbindung zu Jesus bekräftigen soll.

“Es gibt zwei Tatsachen, die helfen, das Leben zu verstehen und zu leben: Das Leben ist schwer. Gott ist dabei! – Wo ist er im Leiden dabei? Mittendrin, zwischen den Nägeln.”

Alkoholisches Getränk
Drogen vor der religiösen Bewusstseinserweiterung? Sodom und Gomorra! – Mehr sog i ned!
© norbert smuda / pixelio.de

In unsere Familie ist schon der Bär los! Die Verwandten sind alle schon da und die Männer stehen am Grill mit einem riesigen Berg roher Fleisch- und Wurstwaren. Daneben ein riesiger Berg mit bereits Gegrilltem. Und die Familie hat schon gegessen!!! Alles also für uns!!!

Im Dirndl gesellen wir uns dazu. Wir essen gegrillte Würste, Fleisch, Salat und trinken Skol und Caipi. Der Tisch mit der Verlobungstorte ist bereits gerichtet. Wir singen noch eine Weile Brasilianer – Deutsche – Brasilianer, dann wird es erst. Das Brautpaar geht hinter den Tisch und alle Verwandten halten Reden. Tränen fließen in Mengen. Eine rührende Stimmung. Für uns besonders rührend die Rede des Hausherren, der uns als Segen für sein Haus bezeichnet. Was konnten wir für ihn, für seine Familie Gutes tun? Wir sind gekommen, haben gegessen und geschlafen. Ja, wir haben mit ihnen geredet und gelacht und gesungen, aber der Segen waren sie für uns, die uns so herzlich aufgenommen haben.

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