Padre Sabino – was er in Mãe Luiza vorfand

Anlässlich des 10. Todestages von Pater Sabino Gentili wollen wir hier sein Leben und Werk in einer Beitragsreihe beleuchten und würdigen. Heute soll ein Blick auf die Geschichte „seines“ Viertels Mãe Luiza geworfen werden.

Bild von der Rua Guanabara in Mãe Luiza
So sah die Rua Guanabara, eine große Straße auf der Meerseite des Viertels, etwa in den 80er Jahren aus. © Archiv Centro Sózio

Als sich Sabino Ende der 1970er Jahre in Mãe Luiza an den Straßenrand setzte, um auszudrücken: „Hier bin ich, ich bin für euch da, wenn ihr mich braucht“, war er sich nicht sicher, ob er gebraucht würde – und seines Lebens sicher war er auch nicht; Mae Luiza war eine der verrufensten Favelas (Slums) der Großstadt Natal.

Ursprünglich wurden die Dünen zwischen Meer und Küstenwald „bode“ genannt, was vielleicht mit „Ort der Böcke“ übersetzt werden kann. Es war Wildnis, Rückzugsgebiet für Tiere. Zur weiteren Entstehung gibt es mehrere Legenden: In den 1920er Jahren scheint eine Frau unter den ersten Siedlern gewesen zu sein. Sie wurde „Mama Luiza“ genannt, und gab dem Viertel allmählich seinen Namen. Wer diese Frau war, ob es sie überhaupt gab, ist nicht klar. Manche sagen sie sei eine Hebamme und Heilerin für die ersten Siedler gewesen, andere sagen, sie hätte für die Soldaten, die dort stationiert waren Wäsche gewaschen, denn es gab dort, wo 1951 der Leuchtturm von Mãe Luiza eröffnet wurde, seit dem 1. Weltkrieg einen Stützpunkt.

Die Hauptstraße "João XXIII"
Die „Hauptstraße“ Rua João XXIII vermutlich in den 60er Jahren © Archiv Centro Sózio

Die größte relativ chaotische Besiedlungswelle begann in den 1940er Jahren, und erreichte Ende der 1950er Jahre ihren Höhepunkt, als die Bewohner des halbwüstenartigen Hinterlandes, genannt „Sertão“, vor der Trockenheit im Nordosten Brasiliens in die Großstadt flüchteten. Man erlaubte die Besiedlung etwas widerwillig, räumte die ärmlichen Hütten schon mal mit dem Bulldozer weg, ansonsten war man vielleicht auf seinen Leuchtturm stolz, die Favela außen herum mit den Baracken aus Palmblättern und Lehm vergaß man aber weitgehend.

In den 1960er Jahren hinterließ ein portugiesischer Priester namens Perestrello im Viertel seine Spuren. Inspiriert von Papst Johannes dem XXIII. schuf er mit Hilfe einer Arbeiterfront die Hauptstraße und ein erstes soziales Zentrum. Diese Arbeiterfront bewirkte auch nach seinem Weggang einige Verbesserungen: Es wurden allmählich feste Häuser gebaut. Der erste Brunnen entstand, in den 1970er Jahren dann eine allmähliche Versorgung mit Wasserleitungen. Es gab einen Gesundheitsposten und eine teilweise Stromversorgung.

Aber es war immer noch eine Favela, mit äußerst hoher Arbeitslosigkeit, Hunger, Armut, und dem lähmenden Joch des Teufelskreises aus Drogen und Gewalt.

Als sich Sabino dort 1978 an den Straßenrand setzte, begann er eine soziale Revolution mit und in den Menschen, denn das Schwierige sei nicht, so sagte Sabino, die Menschen aus der Favela zu bringen, sondern die Favela aus den Menschen.

Wenn ein Mensch erst einmal weiß, dass er für Abschaum gehalten wird, wird er allmählich diese Erwartungen auch erfüllen. Es ist schwer ihn unter diesen Umständen von seiner Menschenwürde, seiner Gleichwertigkeit und von seiner Fähigkeit, Dinge zu verändern zu überzeugen.Kinder aus dem Viertel ca 80er Jahre © Archiv Centro Sózio

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