Das Paradies ist hier

Einige Brasilianer behaupten stolz, dass Gott Brasilianer sein müsse. Mit dem Wissen, dass Brasilien an der unrühmlichen vierten Stelle der Rangliste für die Staaten mit der größten sozialen Ungleichheit / Ungerechtigkeit steht, glaube ich das nicht so recht.

Bild eine Stausees mitten in der Sertão
Die Pousada “o paraíso é aqui” liegt überraschend, wie eine Oase am See in der knochentrockenen Sertão.

Es gibt aber Orte, die dieser Vorstellung vom Paradies schon recht nahe kommen.
Einer davon liegt ganz unvermutet, wie eine Oase, zwischen grau-braunem Dorngestüpp nahe Acari, 200 km westlich von Natal mittem im Sertão (also in der Halbwüste)

Als wir dorthin mit Aparecida unterwegs waren, und schon mindestens eine Stunde durch kargste graue Landschaft gefahren waren, vorbei an einer Region, in der außer ein paar Bergbauorten (dürften vorwiegend Goldminen sein) nichts ist, glaubten wir nicht mehr so ganz, dass sich dort eine Oase verbergen könnte.
Es tat sich aber ein Stausee zwischen den Granitbergen auf, an dessen Ufern es grün und unglaublich still war.

Am Eingang zur Straße an die Staumauer hat sich ein Franzose niedergelassen, der dort eine Pousada (Pension / Herberge) betreibt. Eigentlich hat er gerade geschlossen, weil wir aber zu fünft dort auftauchen, bereitet er uns in Windeseile ein wahres Festessen zu, das alle Vorzüge der französischen und brasilianischen Küche vereint.
Der Gastgeber ist eigentlich Architekt und beschäftigt sich u.a. mit Heilkräutern, die er auf seinem weitläufigen Grundstück auch kultiviert.

Bild am Essenstisch
Französisch-brasilianische Küche nur für uns

Nach einem Cafezinho gehen wir noch zu Fuß, in der hier doch recht ordentlichen Hitze, den Weg zum Staudamm. Außer einem weiter am Berg oben gelegenen Ferienhaus und einer kleinen Kneipe am Ende der Straße mit wenigen Besuchern, treffen wir nur noch Kakteen am Hang, und sobald ein paar Tropfen Wasser vorhanden sind, gedeiht Schilf, Gras, Palmen und Ähnliches. Dazwischen grasen ein paar Schafe.

Bild einer Kaktusblüte
Eine Kaktusblüte

Durch die ungewöhnliche Trockenheit ist der Seespiegel sehr niedrig, normalerweise stürzt an der Staumauer ein Wasserfall ins Tal. Wenn es viel regnet, ist diese Stelle bekannt für Feste, die dann stattfinden, wenn die Berghänge ringsherum das Wasser hinunter fließt. Dieses Spektakel ist allerdings schnell vorbei, weil hier fast nur kristallines Gestein (Granut u.ä.) an die Oberfläche tritt. Es gibt praktisch nichts, was das Wasser lange speichern könnte.

Mir fällt auf, dass sich das Ganze trotzdem noch recht lebensfeindlich anhört. Ist es wahrscheinlich auch, nur wenn man aus der grauen Halbwüste kommt, ist es irgendwie paradiesisch. – So hat der Franzose seine Pousada mit Restaurant auch genannt: Bistro “o paraíso é aqui” (“Das Paradies ist hier”)

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