Die Begegnung der dritten Art

Um die Überschrift zu erklären: In Brasilien spricht man nach Kind- und Erwachsenen-Dasein bei den Alten auch vom 3. Alter (manchmal auch vom 4. Alter). Wir waren also mit den “Idosos” – den Senioren des Espaco Solidário – auf einem Spazierausflug im Naherholungsgebiet “Bosque dos Namorados” (Wald der Verliebten) im Naturschutzgebiet “Parque das dunas”.

Bild im Parque das dunas
Klein, aber mit großem langem Leben, von dem sie zu erzählen weiß: Maria Gonçala

Normalerweise werden alle zwei Wochen solche Ausflüge unternommen. Da werden der VW-Bus und ein größerer Kombi voll gepackt und los gehts. Dieses Mal waren auch noch Privatautos dabei, um alle hin zu bringen. Auch Rollstuhlfahrer und geistig nicht mehr ganz so wache Bewohner werden mitgenommen, und es macht ihnen sichtlich großen Spaß.

Zugegeben – die Verständigung war nicht ganz einfach. Auch bei uns sind ja falsche Zähne und körperliche oder geistige Gebrechen schon eine Herausforderung für die Verständigung, wenn dann noch eine grundlegende sprachliche Barriere dazu kommt, dann wird es schwierig, aber irgendwie klappte es doch.
Bei vielen ging es langsam voran, wir führten sie alleine oder zu zweit. Andere mussten mit dem Rollstuhl gefahren werden, was unsere marathon-begeisterte Gisela gleich zu einem Rollstuhl-schiebe-Wettrennen veranlasste.

In diesem Naherholungsgebiet sind großzügige Wege angelegt und man befindet sich mitten in der Natur. Ein paar Affen springen durch die Bäume, am Wegesrand wachsen fremde Pflanzen, auch Ananas und Ähnliches.
An ein paar Bänken angekommen machten wir Brotzeit und einige Idosos begannen aus ihrem Leben zu erzählen.

Da ist Jovelina, die “Wasserverkäuferin”, die in Mãe Luiza jeder kannte, aber nicht unter ihrem richtigen Namen. Sie lebt schon einige Jahre im Espaco Solidário, hat einige Probleme mit der Erinnerung, erinnert sich aber stets mit einem Lächeln an die Vergangenheit.
Dann eine herzige kleine knochige steinalte Frau, die zu den ersten Bewohnern in Mãe Luiza überhaupt gehört: Maria Gonçala. Sie erzählt von ihren beinahe unzähligen Kindern, vom Mann, der in Italien im zweiten Weltkrieg gekämpft hat, von ihren Eltern, die sie früh verloren hat. Sie wohnte ganz allein, bevor sie ins EspSo kam.
Schicksale, die vom Kampf ums Überleben im Nordosten berichten, von Zufällen und Schicksalsschlägen, von Entwurzelung, aber auch von Erfolgen, von “es geschafft haben” … und alle scheinen irgendwie zur Ruhe gekommen zu sein und eine Heimat im EspSo gefunden zu haben. In dieser Einrichtung ist so viel Zärtlichkeit, so viel Gelassenheit und so viel Leben, dass es eine Freude ist.

Im Parque das dunas
Ein Spaziergang durch den „Bosque dos Namorados“ (Wald der Liebenden)

Der Heimweg war dann wieder echt brasilianisch. Ein PKW musste dringend weg, deshalb hatten wir zur Rückfahrt deutlich zu wenig Sitzplätze. So wurden im VW-Bus 11 Leute untergebracht und im Kombi 8 Leute – auch im Kofferraum sitzt man offenbar ganz gut.
Wobei zum VW-Bus noch zu sagen wäre, dass dieser schon altersschwach ist. Die beiden Sitzbänke hinten bewegen sich bei jeder Bremsung und Beschleunigung und eines Tages in der zweiten Woche fehlte seitlich das Schiebefenster. Es muss wohl irgendwann herausgefallen sein. Das stört aber nicht wirklich, da man bei den Temperaturen eh Frischluft im Auto braucht.

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