Die Gretchenfrage – Reisen und Entwicklungshilfe

Die Gretchenfrage ist hier nicht: “Heinrich, wie hältst du es mit der Religion”, und die Antwort wird hoffentlich auch nicht so schwammig sein.
Die Frage ist wohl eher: “Warum fahrt’s es do hin und her, wo ma noch des Goid aa ois spendn kannt?”

Bild des Nataleser Leuchtturms
Der Leuchtturm von Natal steht direkt in Mae Luiza. Meistens das einzige aus Mae Luiza, worauf man in Natal stolz ist.
Dennoch: Das Modell der Entwicklung, wie es in Mae Luiza von Sabino entwickelt wurde und bis jetzt in seinem Geist fortgeführt wird, hat sich brasilienweit einen Namen gemacht.

Diese Frage ist schon alt, weil sie (so ähnlich) sogar die Jünger Jesu gestellt haben, als eine Frau (war es Maria Magdalena?) ihm kiloweise Pflegeöl über die Füße gekippt hat, anstatt es zu verkaufen.

1. (frei nach Pater Sabino) Was willst du erzählen, wo ist dein Herz, wenn du von den Projekten sprichst, die dringende Unterstützug brauchen, und du hast im Grunde keine Ahnung davon?

2. Wir machen hier natürlich auch Urlaub und wer bräuchte das nicht wenigstens einmal im Jahr.

3. Geld aus dem Partnerschaftsverein wird für unsere Reise natürlich nicht verwendet. Wir finanzieren alles selbst.
Wenn Brasilianer nach Deutschland kommen, die sich diese Reise nicht leisten können, dann wird das Ganze über Sponsoring finanziert oder über spezielle Spenden, die explizit dafür gegeben wurden. Oft können auch Fördergelder angezapft werden, weil hier ja oft auch Fachkräfte- und Jugendaustausch stattfindet.
Das Konto des Partnerschaftsvereins ist nur für die Unterstützung der Arbeit vor Ort in Mãe Luiza zuständig, wir sind kein Reisebüro für Bedürftige.

4. Wenn sich manche der im Centro Arbeitenden den Flug nach Deutschland sogar halbwegs selbst finanzieren können, warum muss dann Mãe Luiza noch unterstützt werden? Weil es hier um den nachhaltigen Bestand von wesentlichen Anlaufstellen in Mãe Luiza geht! Wenn dabei einige Menschen es schaffen mehr oder weniger eine “Mittelschicht” zu werden, umso besser. Reich wird davon sicher keiner. Hier geht es um Knochenarbeit an der Basis, um die grundlegenden Ungerechtigkeiten, in einem Land mit riesigen Problemen und riesigen sozialen Gegensätzen, Schritt für Schritt zu verändern.

5. Lohnt das Ganze? Wir können die Welt doch eh nicht verändern! … Echt nicht? Vielleicht nicht die Ganze, aber die Arbeit im Geiste Pater Sabinos hat schon sehr viele kleine Welten von sehr vielen einzelnen Menschen verändert.

Wer schon einmal in die Augen derer geschaut hat, deren Arbeit wir hier unterstützen oder in die Augen derer, die Nutznießer dieser Arbeit sind, nämlich die Armen, die Kinder, die alten Menschen, der weiß, dass wir auch hier wesentlich mehr bewirken, wenn wir nicht nur Geld transferieren sondern vor Ort sind.

Wir sind die Freunde aus Deutschland, wir sind die, welche den Benachteiligten das Gefühl geben, dass sie jemand achtet und als wertvoll erkennt, wir sind die, die Mut geben, die auch den Blick der Menschen erweitern, welche über ihr Viertel oft noch nie hinaus gekommen sind.

Ganz abgesehen davon sind auch wir die Beschenkten. Wir erleben die unglaubliche Lebensfreude, die uns in unserer deutschen Sattheit und Madig-Macherei oft verloren geht. Wir merken wieder, in welcher materiellen Unbeschwertheit wir leben können, wir nehmen Anteil an der Entwicklung im Viertel und freuen uns mit, wenn wieder etwas gelungen ist und vorwärts geht.
Wir wissen letztendlich einfach, dass es sich lohnt für andere und mit anderen an einer besseren, gerechteren Welt zu arbeiten.
Dafür müssen sich Herzen begegnen – nicht Geldbeutel
Denn: Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. (A. de Saint Exupery)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.