Padre Sabino – der Weg ist das Ziel

Bild aus einer Zusammenkunft im Centro Sózio

Anlässlich des 10. Todestages von Pater Sabino Gentili erinnert sich der ehemalige Vorstand des Partnerschaftsvereins an die Begegnungen mit ihm.

Bild von einer Firmung in Penzberg
Erzbischof Monte und Sabino bei der Firmung in Steigenberg 1989 © Joachim / FrKr ML

Zur Firmung 1989 in der Pfarrei Steigenberg weilte der Erzbischof von Natal mit Pater Sabino und dem damaligen Dompfarrer Hudson in Penzberg. Sabino erzählte damals über die Situation in Mãe Luiza. Zusammen mit Hudson, einem begnadeten Gittaristen und Sänger, hinterließ er einen bleibenden Eindruck in der Gemeinde und bei Ingrid und mir.
Die charismatische Art, wie Sabino und Pfarrer Albrecht diese Menschen aus dem Armenviertel durch ihre Schilderungen und Fotos in unsere Pfarrei hereinbrachten und zu einem zentralen Anliegen formulierten, motivierte uns, bei dieser Partnerschaft einzusteigen.
Im Frühjahr 1991 entschlossen wir uns zu einem 6-wöchigen Aufenthalt in Brasilien, um uns ein eigenes Bild von den Menschen und ihrer Situation in Mãe Luiza und von der Arbeit von Pater Sabino zu machen – der Beginn einer wunderbaren Freundschaft, die unser Leben nachhaltig verändert hat.

In Mãe Luiza lebten wir im „Gästehaus“ oben auf dem Dünenkamm mit Carsten, der in Benediktbeuern studiert hatte und ein freiwilliges soziales Jahr in Mãe Luiza verbrachte.

Bild im gästehaus Reise 1991
Ingrid, Carsten und Joachim beim ersten Besuch in Mãe Luiza 1991 © Joachim / FrKr ML

Wir erlebten, wie Sabino zärtlich und fürsorglich mit den Kindern und Mitarbeitern umging und mit welcher (damals) unerschöpflichen Energie er seine Aufgaben bewältigte. Ein Nachmittag bleibt in besonderer Erinnerung. Er machte uns klar, mit welcher Einstellung, mit welcher spirituellen Haltung und mit welchem Grundverständnis von Hilfe zur Selbsthilfe Sabino mit den Menschen arbeitete. Dazu ein Auszug aus unserem Tagebuch von diesem Nachmittag, am Freitag, den 26.04.1991:

„Anschließend kam Sabino noch zu uns rauf zum Kaffee. Es kam sehr bald eine Diskussion auf über die Gesundheitskampagne in Mãe Luiza (Ratten und Müll) und die nächsten Schritte, die zu tun sind. Sabino kritisierte die Öffentlichkeitsarbeit (Lautsprecherwagen, Transparente, Handzettel, Zeitpunkte des Einsatzes), Carsten argumentierte aus seiner Position als Mitverantwortlicher und schon waren wir wieder bei Sabino’s Pädagogik und Methoden für die Solidarisierung und Erziehung zur Gemeinschaftlichkeit in Mae Luiza.

Grundprinzip ist, aus jeder Erfahrung gemeinsam zu lernen, den Weg nicht vorzugeben, sondern durch Ideen und Diskussion den von der Mehrheit gewählten Weg zu beschreiten, nach jeder Etappe zurückzuschauen, zu bestätigen und evtl. zu korrigieren. Wichtig ist, daß die Leute hier alle, aber auch wirklich alle Erfahrungen selber machen, daß Fehler nicht Anlaß für negative Kritik, sondern nur Anstoß und Motivation für Korrekturen sind. Dies ist ein Weg, in dem sich Sabino voll selbst wiederfindet, er lernt dabei genauso mit wie alle anderen auch. Sabino hat eine Idee und trägt sie in die Gemeinde, es ist wie bei einem Gärtner, der ein Samenkorn in die Erde legt. Er gießt es, sorgt für Licht, steckt vielleicht einen Stock daneben in die Erde, an dem sich die Pflanze hochranken kann, wachsen und gedeihen muß die Pflanze selbst. Sie ist auch sie selbst und kein Produkt eines Verfahrens, was aus ihr wird, weiß man nicht vorher, ob krumm, ob gerade, mit schönen oder weniger schönen Blüten. Man kann einen Ast veredeln, kann ihm (um wieder zu den Menschen zurückzukommen) Impulse geben, die er annimmt oder abstößt. Sabino weiß nie, was dabei herauskommt, wenn er eine Sache beginnt. Er hinterfragt jede Etappe des Weges und gibt auch mal auf, wenn sich eine unüberwindliche Schlucht auftut oder die Menschen hier auf dem Weg zu müde werden und aufgeben. Auch dann fragt er, warum das so ist, um wieder daraus zu lernen, vielleicht das nächste Mal mehr Proviant (Unterstützung) einpacken zu lassen oder die Landkarte (äußere Unterstützung) zu organisieren, um die Schlucht zu vermeiden oder zu umgehen. Man braucht viel Liebe und Geduld, um diesen Weg zu gehen und grenzenloses Vertrauen in die Menschen, mit denen man geht. Das kann nur mit einer großen, inneren Kraft möglich sein, eine Kraft, die zu geben nur Gott in der Lage ist, womit ich den Bogen gespannt habe zu seinem Priestersein. Liebe zu den Menschen ist Liebe zu Gott; aus dieser Liebe, die von den Menschen wiedergegeben wird, also von Gott, schöpft man die Kraft, alle diese Dinge zu tun, die so wertvoll sind und nie aufzugeben.
Jetzt ist mir auch sonnenklar, warum Sabino behaupten kann, daß Mãe Luiza es auch ohne das Geld aus Penzberg schaffen kann. Der Weg ist das Ziel. Ohne das Geld würde er schwer zurückgeworfen werden, wie weit, läßt sich schwer ermessen, aber er würde wieder wo anfangen, mit den Menschen, und würde auf anderen Wegen sein Ziel erreichen, Gemeinde zu bauen, Gottes Gemeinde.

Sabino versuchte, mit eben diesen Gedanken, die in der Wortwahl selbstverständlich anders ausgefallen sind, dem Carsten die Möglichkeit zu geben, seine bisherige Arbeit kritisch zu beleuchten und den richtigen Weg in seiner Aufgabe zu finden, tun muß er das selber, Sabino gibt keine Rezepte, er hat auch keine. Sabino hätte um drei Uhr bei einer Veranstaltung sein sollen, um kurz vor vier Uhr kam Franziska, um ihn daran zu erinnern; so ist er halt, unsere Diskussion war ihm wichtig, das andere wird warten können.“

Sabino hat uns mit seinem Glauben und seiner Liebe  u n e n d l i c h  viel für unser Leben geschenkt, danke lieber Freund.

Bild aus einer Zusammenkunft im Centro Sózio
Sabino bei einer Versammlung mit der Jugend. © Joachim / FrKr ML

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