Die Partnerschaft mit Mãe Luiza besteht seit nunmehr 35 Jahren. Ein solches Jubiläum muss man feiern. Schön, dass wir dazu Freunde aus Brasilien einladen konnten. Am 15. Juni kamen Padre Robério und 6 Mitarbeiter*innen aus seinem Team nach Penzberg. Während der Coronazeit blickten wir oft besorgt nach Mã Luiza. Die Pandemie und das völlig abstruse Management derselben durch die Bolsonaro-Regierung hatten tiefe Spuren auch im Viertel hinterlassen:
Kindergarten und Schulen waren geschlossen, ohne jede Möglichkeit eines „Home-Schooling“ im armen Viertel. Die Bewohner des Altenheims waren isoliert. Staatliche und städtische Hilfe gab es nicht bzw. drang bis zu den Armenvierteln nicht vor.
Der Weg des Viertels aus der Armut wurde durch die Pandemie jäh beendet, die Entwicklung um Jahre zurückgeworfen. Die Armen verloren als erste ihre Jobs; soziale Sicherung mehr als mangelhaft. Die Bewohner bettelten wieder beim Pfarrer an der Haustüre um Essen. Über Monate hinweg wurden Verpflegungspakete verteilt und Hygieneaufklärung betrieben. Jetzt sind die Schulen und Kindergärten wieder geöffnet, und um den Bedarf an Unterricht an der Ergänzungsschule abzudecken, wurden zusätzliche Klassen geschaffen. Auch die Isolation des Altenheims wurde aufgehoben. Die Arbeitslosigkeit ist leider immer noch sehr hoch.
Der Besuch wurde vom Bundesministerium für Familie unterstützt. Die Freunde waren da, um Botschafter ihres eigenen Viertels zu sein. Nur wenn die Menschen hier wissen und schätzen, welche Arbeit im Centro Sózio geleistet wird, wird auch die Unterstützung weiter gehen können. Der Besuch fachte auch unseren Willen zum Engagement erneut an. Nicht zuletzt nahmen die Gäste für ihre Arbeit in Mãe Luiza neue Energie und die Früchte des fachlichen Austausches mit nach Hause.
Das Programm war stramm und vielfältig. Beim Besuch in den Schulen und Kindergärten Penzbergs informierten sie über Kultur und Lebensrealität in ihrer Heimat und brachten auch Tänze und Spiele mit. Andererseits erfuhren auch sie viel Neues über unser Bildungs- und Erziehungssystem und dessen Möglichkeiten und Grenzen.
Ein Informationsabend wurde ein intensiver Austausch über die momentane Lebensrealität im Viertel. Beim Capoeira-Abend machte uns die Corona-Realität einen kleinen Strich durch die Rechnung: Cipo – der Capoeira-Meister des Centro konnte seine Reise gar nicht erst antreten, da er an Corona erkrankt war.
Neben dem fachlichen Austausch wurde viel Freundschaft gepflegt und erneuert. Nicht nur, dass man dem Märchenkönig auf Schloss Neuschwanstein seine Aufwartung machte (Alles muito lindo…), es stand auch ein Besuch beim ehemaligen Penzberger Pfarrer Josef Kirchensteiner an und eine Begegnung mit dem Partnerschaftsbegründer Pfarrer Konrad Albrecht.
Ausflüge führten zum Partnerschaftsverein in Eggenthal im Ostallgäu und mit den Unterstützern aus der Kochler Gemeinde auf den Herzogstand. Bei so viel Sportlichkeit durfte auch ein Besuch zu Fuß im Naturschutzgebiet Osterseen nicht fehlen. Das ist deshalb erwähnenswert, weil diese Art der Fortbewegung bei früheren Besuchen eher vermieden wurde.
Eine intensive und anstrengende Zeit für Besucher und Betreuer, denn die zwei Wochen wollten voller Leben sein und der Austausch an Information bedarf der sprachlichen Übersetzung, auch wenn sich die Herzen so verstanden. Aber jede Mühe war es wert. Wir sind uns näher gekommen bei lustigen und traurigen Gesprächen, beim Singen, bei Spaziergängen und bei Mahlzeiten. Neue Freundschaften sind entstanden, die die Partnerschaft am Leben erhalten. (ea/gp)
Bericht im Penzberger Merkur zum Herzogstandausflug
Bericht im Gelben Blatt zum Herzogstandausflug
Vorbericht zum Brasiliensonntag im Gelben Blatt